Ende April beschloss ich, für ein Wochenende nach Belfast zu fahren. Von Dublin braucht man mit dem Zug nur ca. 2 Stunden – also lohnt sich auch ein Tagestrip. Da ich mehrere Interessenspunkte auf meiner Liste hatte, entschied mich dafür, gleich ein ganzes Wochenende dort zu verbringen. Ich mietete dafür bei Airbnb ein Privatzimmer im Haus eines Ehepaars.
Einer der Hauptgründe, warum ich Belfast besuchen wollte, war mehr über den Nordirlandkonflikt zu erfahren. Ich hatte in der Schule sowie im Rahmen einer Hausarbeit bereits einiges darüber gelesen und gehört. Zur Auffrischung: Der Nordirlandkonflikt, bekannt als The Troubles, war ein religions-, und identitärer Konflikt, der zwischen den irischen Nationalisten und britischen Unionisten ausgetragen wurde. Erstere forderten, dass Nordirland Teil Irlands wird, letztere hingegen wollten, dass Nordirland im Vereinigten Königreich bleibt. Der 30 Jahre (1968-1998) andauernde Konflikt wurden, wie der Name schon verrät, in Nordirland gewaltsam, ausgetragen. Schusswechsel, Straßenkämpfe und sogar Bombenanschläge zeichneten das Stadtbild von Belfast.
Um zu verstehen, wie es zu diesem Konflikt kam, muss man sich mit der Kolonialgeschichte Irlands befassen. Irland hat eine komplexe und lange Geschichte, die stark von englischer Herrschaft geprägt ist. Wenn ihr euch dafür interessiert, empfehle ich euch dieses Video, das den Konflikt auf verständliche Art und Weise erklärt. Auch viele der Stadtführungen, die in Dublin angeboten werden, geben euch einen guten Überblick über die Kolonialgeschichte Irlands.
Zurück ins Hier und Jetzt. Am Samstag nahm ich also an einer politischen Führung teil, die vom Konflikt in Nordirland und den Straßenbombenanschlägen in den zerstrittenen Vierteln erzählte. Die erste Hälfte der Führung wurde von einem ehemaligen IRA-Mitglied durchgeführt – die zweite von einem Unionisten. Auf diese Weise lernte unsere Gruppe die republikanische und die loyalistische Seite der Geschichte kennen (natürlich können diese Leute nicht für alle Mitglieder und Beteiligten sprechen).
Das ehemalige IRA-Mitglied führte uns durch die sogenannte Falls Road, ein überwiegend katholisches, republikanisch geprägtes irisches Wohnviertel – der zweite Guide führte uns dann durch die Shankill Road – benannt nach dem protestantisch-britischen Stadtteil The Shankill, eine der Hochburgen der Unionisten, die für die Zugehörigkeit Nordirlands zum Vereinigten Königreich eintraten. Beide Stadtteile werden von der Peace Wall getrennt, die 1969 errichtet wurde. Es wird davon abgeraten, auf eigene Faust in den Vierteln herumzulaufen, denn sie gelten nicht gerade als sicher. Wenn ihr also etwas über die Geschichte der Viertel erfahren möchtet, bucht einen Rundgang, wie ich ihn gemacht habe oder eine der beliebten Taxitouren, bei der ihr in einem schwarzen Taxi mit einem Guide durch die Viertel fahrt, der euch über die Hintergründe erzählt.
Wer sich für den Konflikt der Troubles interessiert, dem empfehle ich zudem einen Besuch im Ulster-Museum, das auch eine Ausstellung über den Konflikt zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich zeigt. Es liegt direkt an den Botanischen Gärten, die mit ihren schönen grünen Wiesen und Blumengärten ebenfalls einen Besuch wert sind. Dort ließ ich mich ein Weilchen nieder und gönnte mir ein Millionaire Shortbread gegessen (eine meiner Lieblingssüßigkeiten, In Irland). Nach dem Besuch des Botanischen Gartens war ich sehr hungrig, also ging ich zu Maggie Mays, das ein beliebtes Café mit Imbiss sein soll. Dort habe ich ein Gericht gegessen, das jetzt auf meiner Liste der leckersten Soul Foods steht – Pommes mit Bratensauce. Ja, das klingt nicht wirklich gesund – ist es wahrscheinlich auch nicht – aber ich empfehle euch es auszuprobieren!
Nachdem der Samstag ganz im Zeichen von Nordirischer Politik und Geschichte stand, wollte ich am Sonntag das Belfast des Hier und Jetzt auf mich wirken lassen, durch Gässchen schlendern und erkunden, was es zu sehen gibt. Beim Schlendern durch das Stadtzentrum entdeckte ich eine Menge cooler Street Art und Graffitis and den Häuserwänden. Von der Innenstadt aus lief ich zur Albert Memorial Clock – Belfasts kleiner Big Ben. Dahinter befindet sich auch schon das Pier des Lagan Rivers, der direkt ins Meer führt. Ich setze mich ans Wasser und beobachtete das Treiben. Bevor ich meine Rückfahrt nach Dublin in Angriff nahm, machte ich noch eine kostenlose Führung durch das Rathaus und Verwaltungsgebäude von Belfast, die City Hall, bei der wir über die aktuelle Regierung, die Bürgermeister*innen und das Tagesgeschäft erfuhren – also doch nochmal ein kleines bisschen Politik – jedoch in etwas leichter verdaulich.
Fotos: Laura Klöppinger